Kurzarbeit wegen gestiegener Energiekosten (Teil 2/2)
Im ersten Teil des Briefings zur Kurzarbeit wurde die wesentliche Voraussetzung des „erheblichen Arbeitsausfalls“ zur Einführung von Kurzarbeit dargestellt und die praktische Möglichkeit dessen im Angesicht der derzeitigen Herausforderungen diskutiert.
Nicht weniger relevant für die Einführung von Kurzarbeit und damit für die Beantragung des Kurzarbeitergeldes sind jedoch betriebsinterne Voraussetzungen, die im folgenden zweiten Teil behandelt werden.
Sinn und Zweck der Kurzarbeit ist es, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu bieten, in bestimmten Fällen nicht zur Kündigung wertvoller Mitarbeiter gezwungen zu sein. Vielmehr reduziert sich die Arbeitszeit und damit auch das Entgelt der jeweiligen Beschäftigten, wobei ein wesentlicher Teil (60% bzw. bei Beschäftigten mit mind. einem Kind 67% des Netto-Entgelts) durch Beantragung des Kurzarbeitergeldes bis zu 12 Monate lang von der Sozialkasse übernommen wird. Der Arbeitgeber kann dadurch seine Mitarbeiter halten, indem er nur einen Teil ihres Lohns entrichten muss.
Weil es sich dabei um einen gravierenden Eingriff in das Pflichtenregime des Arbeitsverhältnisses handelt, braucht es eine rechtliche Grundlage. Diese kann entweder individuell im Arbeitsvertrag festgelegt sein oder ein Tarifvertrag bzw. eine Betriebsvereinbarung enthält entsprechende Regelungen. Fakt ist: Der Arbeitgeber kann nicht einseitig die Arbeitszeit reduzieren. Holt er mangels bestehender Vereinbarung nicht die Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer ein, so kommt er in Annahmeverzug der Arbeitsleistung und bleibt zur Zahlung des gesamten Entgelts verpflichtet. Trotz Vorliegens des im ersten Teil des Briefings besprochenen „erheblichen Arbeitsausfalls“ kann der Arbeitgeber dann keine Kurzarbeit anordnen. Arbeitgebern ist daher dringend zu raten, zu prüfen, ob ihre Beschäftigungsverhältnisse derzeit überhaupt Kurzarbeit zulassen.
Sollte das nicht der Fall sein, kann der Arbeitgeber auch jetzt noch entsprechende individual- bzw. kollektivrechtliche Absprachen mit den Arbeitnehmern treffen. Dabei hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt (BAG Urt. v. 04.05.2022 – 5 AZR 366/21), dass der Arbeitgeber aufgrund seiner gesetzlichen Rücksichtnahmepflicht sogar verpflichtet ist, bei Vorliegen der restlichen Voraussetzungen für Kurzarbeit aktiv auf den Betriebsrat oder, soweit ein solcher nicht besteht, auf die Arbeitnehmer einzeln zuzugehen, um eine arbeitsrechtliche Grundlage für die Einführung zu vereinbaren.
Durch entsprechende Vorbereitung kann sich der Arbeitgeber schon heute für die Entwicklungen der kommenden Monate wappnen. Gerne prüfen wir die konkrete Situation in Unternehmen und erarbeiten gemeinsam mit den HR-Verantwortlichen praktikable Lösungen.