Kein Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsinitiatoren während der Probezeit
Nach derzeit geltendem Recht genießen Beschäftigte, die eine Betriebsratswahl initiieren, einen besonderen Kündigungsschutz. § 15 Abs. 3b Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schützt sogenannte „Vorfeld-Initiatoren“, also Arbeitnehmer, die ihre Absicht zur Gründung eines Betriebsrats notariell erklären und dem Arbeitgeber mitteilen. Dieser Schutz soll verhindern, dass Arbeitgeber eine Wahl bereits im Ansatz durch Kündigungen vereiteln.
Doch das Landesarbeitsgericht (LAG) München hat nun entschieden: Während der Probezeit gilt dieser Schutz nicht. Arbeitnehmer, die in den ersten sechs Monaten ihres Arbeitsverhältnisses einen Betriebsrat gründen wollen, sind damit nicht vor einer Kündigung abgesichert.
Zum Sachverhalt
Ein Sicherheitsmitarbeiter trat am 7. März 2024 seine Stelle an. Bereits wenige Tage später ließ er notariell beurkunden, dass er eine Betriebsratswahl initiieren wolle. Am 20. März 2024 informierte er seinen Arbeitgeber schriftlich darüber und bat um ein Verzeichnis der Wahlberechtigten. Nur einen Tag später erhielt er noch innerhalb der Probezeit die Kündigung zum 28. März 2024.
Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Zunächst berief er sich auf das Verbot der Behinderung einer Betriebsratswahl (§ 20 Abs. 1 BetrVG). Erst Monate später machte er zusätzlich den besonderen Kündigungsschutz für Initiatoren nach § 15 Abs. 3b KSchG geltend, der seit 2021 für notariell beurkundete Vorfeldhandlungen gilt.
Gerichtliche Entscheidung
Das LAG München wies die Klage ab. Die Begründung stützte sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte:
1. Kein Schutz während der Probezeit
Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3b KSchG greift nach Auffassung des Gerichts nicht während der sechsmonatigen Wartezeit des allgemeinen Kündigungsschutzes (§ 1 KSchG). Eine Kündigung in dieser Phase sei daher rechtlich zulässig.
2. Verwirkung des Rechts
Auch unabhängig von der Probezeit sah das Gericht den Sonderkündigungsschutz als verwirkt an. Der Arbeitnehmer habe seine Rolle als Initiator nicht rechtzeitig offengelegt. Zwar nennt das Gesetz keine Frist, das Gericht nahm jedoch eine Orientierung an der Dreiwochenfrist der Kündigungsschutzklage an. Da der Kläger sein Schutzrecht erst sieben Monate später geltend machte, sei es zu spät gewesen.
Einordnung
Mit seiner Entscheidung stellt das LAG München klar: Der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsinitiatoren greift nicht in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses. Kündigungen während der Probezeit bleiben daher möglich. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer bereits konkrete Schritte zur Gründung eines Betriebsrats unternimmt.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Damit besteht die Möglichkeit, dass die Frage höchstrichterlich überprüft und anders bewertet wird.