Kurzarbeit wegen gestiegener Energiekosten (Teil 1/2)

Pandemie, Krieg, Klimawandel – die Märkte haben es derzeit nicht leicht. Die Herausforderungen der letzten Monate lassen die Preise steigen und so muss nicht nur der Verbraucher derzeit für seinen Wocheneinkauf tiefer in die Tasche greifen, sondern auch der Unternehmer fragt sich, welche Folgen die steigenden Kosten für seinen Betrieb bedeuten. Im Angesicht der Energiekrise droht schlimmstenfalls auch eine zeitweilige Drosselung der Energieversorgung.

In diesem Kontext stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, wenn für Industrieunternehmen die Produktion nicht mehr rentabel erscheint oder schlicht nicht mehr möglich ist. Während der Lockdowns in der Corona-Pandemie griffen zahlreiche Unternehmen zur Kurzarbeit. Doch ist dieses Instrument auch in diesem Fall ein probates Mittel? 

Grund genug einen Blick auf die Voraussetzungen für Kurzarbeit zu werfen. 

Kurzarbeit ist nur möglich, wenn gem. § 96 SGB III ein „erheblicher Arbeitsausfall“ vorliegt. Das ist der Fall, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und er vorübergehend und nicht vermeidbar ist. Zudem müssen mindestens 10 Prozent der Beschäftigten einen Entgeltausfall von mehr als 10 Prozent haben. Ursprünglich musste mindestens ein Drittel der Beschäftigten einen solchen Ausfall verzeichnen, dieser Schwellenwert wurde jedoch im Zuge der Pandemie gesenkt und bleibt nach aktuellem Stand bis zum 31. Dezember 2022 noch auf dem niedrigeren Niveau. 

Darüber hinaus müssen Überstunden und positive Zeitguthaben (bis auf wenige Ausnahmen) abgebaut werden. Momentan ist es allerdings nicht erforderlich, Minusstunden aufzubauen.

Der Arbeitsausfall ist dann der Bundesagentur für Arbeit substantiiert darzulegen.

Sind die aktuellen Herausforderungen also geeignet, „erhebliche Arbeitsausfälle“ zu begründen? In Bezug auf die steigenden Rohstoff- und Energiepreise muss diese Frage verneint werden, denn dabei handelt es sich um ein allgemeines Marktrisiko und damit nicht um ein unabwendbares Ereignis im Sinne der Vorschriften zur Kurzarbeit. 

Der „Notfallplan Gas“ sieht allerdings auf seiner dritten Eskalationsstufe auch eine behördliche Rationierung der Gasversorgung vor, wodurch Unternehmen aufgrund einer hoheitlichen Entscheidung zur Einstellung der Produktion gezwungen werden könnten. Diese Situation wäre vergleichbar mit den staatlich angeordneten pandemiebedingten Betriebsschließungen, für die das Bundesarbeitsgericht bereits urteilte (BAG Urt. v. 13.10.2021 – 5 AZR 211/21), dass sie dem Betriebsrisiko des Arbeitsgebers zuzurechnen sind und damit grundsätzlich auch Kurzarbeit begründen können. Die genaue Ursache des Arbeitsausfalls ist in der Begründung entscheidend. 

Bei drohenden wirtschaftlichen Ausfällen wegen gestiegener Energiepreise lohnt ein Blick auf die vergangenen und geplanten Entlastungspakete der Bundesregierung. Auch wenn Kurzarbeit ausgeschlossen sein sollte, können Zuschuss- und Förderprogramme bestehen, an denen betroffene Unternehmen partizipieren können.

In Vorbereitung auf die dritte Stufe des Notfallplans Gas sollten Unternehmen die Möglichkeit der Einführung der Kurzarbeit prüfen. Neben des „erheblichen Arbeitsausfalls“ müssen auch betriebsinterne Voraussetzungen vorliegen. Mehr dazu erfahren Sie im zweiten Teil unseres Briefings zur Kurzarbeit.