BRIEFING: Das Schiedsverfahren (Teil 2/2)

In unserem ersten Briefing zur Schiedsgerichtsbarkeit haben wir einen Überblick über das Schiedsverfahren gegeben und Unterschiede zur staatlichen Gerichtsbarkeit aufgezeigt. Im zweiten Teil unseres Briefings möchten wir einige Vor- und Nachteile eines Schiedsverfahrens aufzeigen und einen Ausblick auf künftige Änderungen der Rechtslage geben.

 

Welche Vorteile bringt ein Schiedsverfahren?

Ein wesentlicher Vorteil liegt darin, dass die Parteien die Schiedsrichter gem. § 1035 Zivilprozessordnung (ZPO) selbst bestimmen können. So lassen sich Experten mit spezieller Sach- und Fachkenntnis auswählen – ein Vorteil gegenüber der festen richterlichen Zuweisung bei staatlichen Gerichten, bei der eine Spezialisierung nicht immer gewährleistet ist.

Schiedsverfahren bieten außerdem ein hohes Maß an Vertraulichkeit, da sie nicht öffentlich sind. Das macht sie besonders geeignet für Angelegenheiten, die nicht in die Öffentlichkeit gelangen sollen. Darüber hinaus können die Parteien die Verfahrenssprache gem. § 1045 Abs. 1 ZPO frei wählen, was insbesondere bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten von Vorteil ist. Auch der Ablauf ist insgesamt flexibler als vor staatlichen Gerichten: Fristen, Termine und Verfahrensregeln können individuell angepasst werden, vgl. § 1042 Abs. 3 ZPO.

 

Welche Nachteile bringt ein Schiedsverfahren?

Im Unterschied zu staatlichen Gerichten gibt es beim Schiedsverfahren in der Regel keinen Instanzenzug. Eine umfassende Überprüfung der Entscheidung durch ein höheres Gericht entfällt. Lediglich bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern kann der Schiedsspruch vom zuständigen Oberlandesgericht gem. § 1059 ZPO aufgehoben werden.

Ein weiterer Nachteil ist, dass Schiedssprüche gem. § 1064 Abs. 1 ZPO erst noch durch staatliche Gerichte für vollstreckbar erklärt werden müssen. Das New Yorker Übereinkommen stellt jedoch sicher, dass Schiedssprüche international in vielen Ländern anerkannt und vollstreckt werden können, während dies bei Urteilen staatlicher Gerichte nicht immer der Fall ist.

Außerdem haben Schiedsgerichte keine hoheitlichen Zwangsbefugnisse, zum Beispiel um Zeugen vorzuladen oder Beweismittel zu erzwingen. Sie müssen dafür die Hilfe staatlicher Gerichte in Anspruch nehmen. Ein weiterer Nachteil: Da Schiedsverfahren nicht öffentlich sind, fehlt es an einer allgemein zugänglichen Rechtsprechung. Eine einheitliche Rechtsentwicklung wie vor staatlichen Gerichten ist daher nicht gewährleistet.

Ob ein Schiedsverfahren sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab. Besonders bei komplexen internationalen Streitigkeiten oder bei vertraulichen wirtschaftlichen Angelegenheiten kann ein Schiedsverfahren eine sinnvolle Alternative sein.

 

Das neue Schiedsverfahrensrecht

Im Oktober 2024 hatte der Bundestag über einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrecht debattiert. Mit der geplanten Reform soll das deutsche Schiedsverfahrensrecht gezielt modernisiert und international anschlussfähig bleiben. Kernpunkte sind mehr Digitalisierung, etwa durch die Möglichkeit, Schiedssprüche elektronisch mit qualifizierter Signatur zu erlassen (§ 1054 ZPO-E) und Verhandlungen per Video durchzuführen (§ 1047 ZPO-E). Zudem dürfen Parteien künftig englischsprachige Dokumente auch in deutschsprachigen Verfahren ohne Übersetzung vorlegen (§ 1063b ZPO-E).

Außerdem wird die Transparenz gestärkt: Schiedssprüche können anonymisiert veröffentlicht werden (§ 1054b ZPO-E) und Schiedsrichter dürfen ihre abweichende Meinung als Sondervotum festhalten (§ 1054a ZPO-E). Ein neuer Restitutionsantrag (§ 1059a ZPO-E) ermöglicht es, auch nach Ablauf der normalen Frist Schiedssprüche bei gravierenden Mängeln wie Fälschung oder Betrug aufheben zu lassen.

 

Fazit und Ausblick

Das Schiedsverfahren ist in vielen Fällen eine flexible und vertrauliche Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit. Ob der Entwurf zur Modernisierung in der aktuellen Form beschlossen wird, bleibt abzuwarten – die geplanten Änderungen versprechen jedoch spürbare Verbesserungen.